„Wir ‚Lokalstoffmacher‘ verstehen uns als eine Art Generalbauunternehmer für lokal produzierte Strickstoffe“, erklärt Patrick Herter, Geschäftsführer von Edelweiss Jersey und Initiator des Projekts. Gewachsen in Spanien, gesponnen bei Gebr. Otto in Dietenheim, gestrickt bei Edelweiss in Albstadt und gefärbt in Öschingen bei Keller: Die fertigen, feinen Baumwollstoffe des Textil-Trios der baden-württembergischen Familienunternehmen haben kaum mehr als 2.300 Kilometer auf dem Buckel, dafür aber garantiert reichlich Transparenz, Erfahrung, Kompetenz und Verantwortungsbewusstsein.
„Ich habe schnell das Potenzial für anspruchsvolle Kunden gesehen“, erzählt Patrick Herter von Edelweiss Jersey vom Anfang der Lokalstoffmacher. „Noch auf dem Rückweg von Dietenheim habe ich unseren Ausrüstungspartner angerufen, die Textilveredlung Keller, und von ‚Cotton since 1901‘ erzählt.“ Unter diesem Markennamen vertreibt Gebr. Otto sein Baumwollgarn, das zu 100 Prozent aus extra-langstapeligen Baumwollfasern aus Andalusien gewonnen und bei Otto versponnen wird.
In der Dreierzusammenarbeit Otto-Edelweiss-Keller entsteht daraus ein garantiert lokal hergestelltes, nachhaltiges, transparentes Gestrick: für Markenhersteller ein Produkt, auf das sie sich in jeder Hinsicht verlassen können. „Während ein global produzierter Strickstoff durch viele anonyme Hände geht, könnten wir Lokalstoffmacher Namen und Hobbies der beteiligten KollegInnen aufs Etikett schreiben“, fasst Patrick Herter zusammen.
„Mit unserem Faserlieferanten in Andalusien arbeiten wir seit vielen Jahren zusammen,“ sagt Andreas Merkel, Geschäftsführer von Gebr. Otto. „Wir sind regelmäßig vor Ort, und können gemeinsam mit unserem Lieferanten meist schon während der Wachstumsphase abschätzen, wie die Qualität des Rohmaterials nach der Ernte ausfallen wird.“ An den spanischen Fasern ist Otto also richtig nah dran.
Wer die Spinnerei von Gebr. Otto besucht, landet mittendrin im Städtchen Dietenheim: Seit 1901 ist die Baumwollfeinzwirnerei und Spinnerei dort zuhause und verwurzelt. Das Familienunternehmen setzt auf Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität. Gleichzeitig haben die Dietenheimer Spinner die Zukunft fest im Blick: Davon zeugen ein nagelneuer Maschinenpark, die mit Solarpaneelen ausgestatten Dächer und Garninnovationen wie „Cotton since 1901“: „Damit bieten wir Transparenz, nachhaltige, kurze Wege und beste Qualität“, fasst Geschäftsführer Merkel zusammen.
„Als Produzent in Deutschland müssen wir uns durch Qualität absetzen“, sagt Patrick Herter. Er hat den Betrieb vor mehr als zwei Jahren in der dritten Generation übernommen und führt das Unternehmen, das seine Großeltern 1955 gegründet haben. Seine Motivation, seine Zukunft in der Textilindustrie in Deutschland zu suchen, befindet er selbst „irgendwo zwischen Mut und Wahnsinn“.
Damit sich dieser Mut auch zukünftig auszahlt, setzt er mit seiner Strickerei in Albstadt – dort produzieren rund 80 Rundstrickmaschinen werktags rund um die Uhr Maschenware – insbesondere auf Leibweiten und feinen Teilungen. So will er sich mit Edelweiss-Produkten vom Standard abheben. Dazu sind die Zutaten wichtig: „Mit einem durchschnittlichen Garn kann es auch nur ein durchschnittliches Ergebnis geben – und das kann der außereuropäische Wettbewerb billiger.“
Das extra-langstapelige Baumwollgarn „Cotton since 1901“ ist deshalb schon technisch gesehen die optimale Zutat. Dazu kommen Transparenz und kompetente, verantwortungsbewusste Verarbeitung.
Die Garne erreichen Edelweiss per Otto-LKW. Der braucht für die rund 100 Kilometer weniger als zwei Stunden. Die Garne „Cotton since 1901“ – in 28/1 bis zu 150/1 – können dort beispielsweise zu einem Single Jersey, einem Feinripp und einem Interlock verarbeitet werden, auf Wunsch in feinen Teilungen oder auf Leibweite.
Die nächste Etappe für die rohweißen Gestricke liegt in Öschingen, von Albstadt aus 45 LKW-Minuten entfernt. Die Fahrer finden den Weg im Schlaf, denn die Zusammenarbeit Edelweiss-Keller besteht „schon immer,“ wie Christian Weiß, Geschäftsführer bei der Textilveredlung Keller feststellt.
Aufgabe der Textilveredler ist es, aus dem Gestrick den gebrauchsfertigen Stoff zu machen. Wie aufwendig dieser Prozess ist, hängt ab vom gewünschten Endprodukt, von den Zutaten und der bisherigen Bearbeitung: Jeder Artikel durchläuft einen Musterprozess, der bis zu 15 Prozessschritte umfassen kann – und am Ende genau das gewünschte Endprodukt abbildet.
„Der Spinnprozess und die verschiedenen Eigenschaften der Baumwollgarne waren bisher eher Thema des Strickers“, sagt Sebastian Keller, der zusammen mit seinem Cousin Christian Weiß das Unternehmen leitet.
Das Projekt „Lokalstoffmacher“ hat gezeigt, dass sich wertvolle, transparente Zutaten und die bekannte Kompetenz der Projektpartner auszahlen: „Auf uns kommen zunehmend Kunden mit konkreten Stoffwünschen zu, beispielsweise ein ‚Bindefadenfutter aus Baumwolle in dunkelblau‘. Mit den Lokalstoffmachern können wir das kompetent, lokal, nachhaltig und zeitnah bedienen.“
Das Unternehmen Gebr. Otto mit Sitz im oberschwäbischen Dietenheim ist ein europaweit führender Anbieter von textilen Lösungen. Traditionell liegt der Schwerpunkt des Unternehmens auf hochwertigen Garnen und Zwirnen aus Baumwolle, die in der eigenen Spinnerei, Zwirnerei und Färberei hergestellt werden. Daneben bietet Otto ein wachsendes Portfolio an technischen Garnen und Textilien.
Das Familienunternehmen ist in vierter Generation inhabergeführt. Nachhaltigkeit, Kundenorientierung und Innovationen für die textile Zukunft bestimmen das Arbeiten und Handeln. Eigenmarken wie „Cotton since 1901“, Piumafil und recot² sowie eine Vielzahl an Auszeichnungen und Zertifizierungen belegen diesen Anspruch.
Das Unternehmen Gebr. Otto wurde 1901 von den Brüdern Carl und Ernst Otto als Baumwollzwirnerei gegründet. Dafür hatten die Brüder eine kleine Landwirtschaft samt Mühle und Elektrizitätswerk erworben, das dem Betrieb für viele Jahre die komplette Stromversorgung sicherte. Bis heute leisten Wasserkraftwerke, zusammen mit stetig wachsendem Solarstromanteil vom eigenen Dach, einen Beitrag zur Energieversorgung.
1948 wurde das Unternehmen um eine Bleicherei und Merzerisation erweitert, 1961 folgte eine Ringspinnerei, die 1990 nochmals vergrößert und in den vergangenen zwei Jahren technisch auf den neusten Stand gebracht wurde. Sie zählt, ebenso wie die Färberei des Unternehmens, zu den modernsten Anlagen in Europa.
2005 gelang Gebr. Otto das Verspinnen von Kapok (Piumafil), 2009 wurde Gebr. Otto Mitglied beim Ulmer Initiativkreis für nachhaltige Wirtschaft. Seit 2010 hat die Spinnerei recot2 im Portfolio, das zu einem Viertel aus recycelter Baumwolle besteht und damit hilft, Kreisläufe zu schließen. Derzeit arbeitet Gebr. Otto an mehreren Projekten zum Wiederaufbereiten von Fasern aus bereits benutzten Textilien.
www.otto-garne.com →
Das Unternehmen Edelweiss Jersey hat seinen Sitz in Albstadt-Lautlingen auf der Schwäbischen Alb und produziert Maschenstoffe für den Bekleidungsbereich und für technische Textilien. In Sachen „Apparel“ ist Edelweiss Jersey auf feine Teilungen und Produktion in Leibweiten – mit entsprechendem Maschinenpark – spezialisiert. Mit dem Label „Technical Knits“ steht Edelweiss unter anderem für Persönliche Schutzausrüstung (PSA).
In beiden Bereichen arbeitet das Unternehmen mit hochwertigen, möglichst regionalen Zutaten, um seinem Anspruch an Premiumqualität zu erfüllen. Dazu setzt Edelweiss stark auf die lokale Infrastruktur und das Know-how vor Ort. In individuellen Partnerschaften gelingt es Edelweiss, das jeweilige Endprodukt in bestmöglicher Qualität abzubilden.
1955 gründeten die Geschwister Irma Herter (geb. Jetter) und Karl Jetter das heutige Unternehmen Herter Edelweiss Jersey. Die Geschäftsführung hatte Irma Herters Ehemann Erich inne. Er trug den Spitznamen „Edelweiß“, wegen seines weißen Haarschopfes. Daraus ist der heutige Firmenname entstanden.
1986 zog das Unternehmen, damals unter dem Firmennamen „Jetter und Herter Maschenstoffe“, in sein großzügiges Betriebsgebäude in Albstadt-Lautlingen, das inklusive einer Vergrößerung Ende der 90er Jahre dem Unternehmen bis heute Platz bietet.
Seit 2003 sind technische Textilien Teil des Portfolios, Relevanz steigend. Das Engagement in diesem Bereich wurde 2024 mit einem red dot Award für das „flame retardant turtle shell“ honoriert. Patrick Herter, Familienmitglied der dritten Generation ist seit 2018 im Unternehmen und verantwortet seit fünf Jahren dessen Geschicke. Seit 2023 firmiert das Familienunternehmen unter dem Namen „Edelweiss – Jersey Made in Germany“.
www.edelweissjersey.de →
Die Textilveredlung Keller mit Sitz in Öschingen bei Mössingen ist auf die Ausrüstung und Veredlung von Strickwaren spezialisiert. Dabei setzt das Unternehmen auf passgenauen Service am Produkt: Jeder Artikel wird in einem maßgeschneiderten Prozess in Form und Farbe gebracht. Damit ist das Unternehmen ein gefragter Partner für regionale Wäsche- und Bekleidungshersteller.
Daneben versteht sich das Familienunternehmen als textiler Berater: Mit Sachverstand, Erfahrung und Beharrlichkeit beraten die Öschinger Textilspezialisten ihre Kunden in Fragen rund ums gewünschte Endprodukt. Diese Lösungskompetenz ist ein zentrales Argument, um neue Kunden für Keller einzunehmen. Hohe Qualität, flexible und schnelle Bearbeitung auch kleiner Losgrößen sowie der regionale Ansatz sorgen für die Kundenbindung.
Im Jahr 1983 entstand das Unternehmen Textilveredlung Keller. Großvater und Vater der heutigen Geschäftsführer übernahmen sie aus dem insolventen Unternehmen Gustav Schöller, einem vollstufigen Textilunternehmen. Unter der Leitung von Christian Weiß und Sebastian Keller 2014 hat der Textilveredler in größere, moderne Gebäude sowie einen topaktuellen Maschinenpark, insbesondere im Bereich der Breitwareausrüstung und Automatisierung investiert. Ein regionaler Wäschehersteller ist vor einigen Jahren als Partner ins Unternehmen eingestiegen.
Neben der Leistung als Ausrüster bietet Keller seit einigen Jahren mit Wollwalkstoffen ein eigenes Endprodukt an. Fertigprodukte gewinnen auch jenseits des Wollwalkens zunehmend Gewicht im Portfolio: Keller gibt Strickwaren in eigenem Namen in Auftrag, um mit gebrauchsfertigen Stoffen Kundenwünsche zu erfüllen. Darüber hinaus berät Keller seine Kunden als „Textilversteher“, mit einem breiten textilen Wissen über die verschiedenen Prozesse der textilen Kette.
www.tv-keller.de →